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11. European Top Twelve

in Tartu (Estland) am 01. und 02.11.2019

geschrieben von Thade Rosenfeldt und Birgit Riester

ETT2019 - Team Deutschland
Team Deutschland

Größte deutsche Beteiligung seit Bestehen

Bei den Herren nahm Thade Rosenfeldt aus Marburg dieses Jahr zum zweiten Mal an den ETT teil und versuchte seinen 7. Platz vom letzten Jahr zu verbessern. Birgit Riester und Bettina Steffan aus Kassel wurden als Nr. 8 und 9 der Weltrangliste zu diesem Turnier eingeladen. Hierbei startete Birgit Riester  das dritte Mal in Folge, Steffan war zum ersten Mal dabei. Die drei Hessen wurden von der Trainerin Birgit Vogt unterstützt. Antje Samoray aus Berlin und die Dortmunderin Sabrina Schmitz rückten als
Nr. 11 und 12 der Rangliste nach, nachdem die Damen, an die die IBSA eine Wild-Card vergab, ihre Teilnahme absagten. Samoray startete nach dreijähriger Pause wieder bei diesem Turnier und war gespannt, ob sie an ihre früheren Erfolge anknüpfen könne. Schmitz konnte bei ihrer vierten Teilnahme erstmals von ihrem Trainer und Ehemann Andreas begleitet werden und hoffte diesmal einen Platz im Mittelfeld zu ergattern. Auch Samoray wurde von ihrem Ehemann und Trainer Benjamin begleitet.

Wie erlebte Thade Rosenfeldt das Turnier?

Zu acht fuhren wir dieses Jahr nach Tartu (Estland) auf das prestigeträchtigste Showdown-Turnier der Welt, die European Top Twelve (ETT). Mit vier Spielerinnen und einem Spieler war dies die bisher stärkste Beteiligung Deutschlands und auch das Abschneiden unseres Teams kann sich wirklich sehen  lassen. Für uns alle war diese Turnierteilnahme wohl zu gleichen Teilen Ritterschlag wie Zerreißprobe. Einerseits war ich schon sehr stolz allein auf die Teilnahme an diesem Elitewettkampf, die ich mir mit dem achten Platz auf der Weltrangliste verdient hatte. Andererseits bedeutete das auch ein knochenhartes Turnier im Modus Jeder gegen Jeden, drei Gewinnsätze gegen die elf Besten der Welt. Dabei überhaupt erstmal nicht unterzugehen war mein Ziel, oberes Mittelfeld meine Hoffnung.

Wie hart es werden sollte, zeigte mir der Finne Juha Oikarainen gleich im ersten Spiel. Der abgebrühte Erfahrungsspieler vernichtete mich im ersten Satz des Turniers mit 11:2. Obwohl ich ihm danach zwei Sätze abnehmen konnte, holte er sich Satz vier deutlich und den finalen Satz mit 12:10 um Haaresbreite. Dieses Marathonspiel hatte mich etwas frustriert und ziemlich geschlaucht: als Turniereinstieg denkbar ungünstig, als Erfahrung unbezahlbar.

Gegen zwei weitere Finnen, Olli Kytöviita und Jouni Viitamäki, konnte ich bei 3:1 und 3:0 die ersten Siege des Turniers einfahren. Gegenüber dem letzten Jahr, wo ich am ersten Tag alle Spiele verloren hatte, war das schon mal ein guter Anfang. Jetzt hatte ich das Gefühl, im Turnier angekommen zu sein.

In der Begegnung  gegen den ebenfalls finnischen Vize-Weltmeister Ari Lahtinen wiederholte sich unser Fünfsatzkrimi aus dem Halbfinale der WM. Die ersten zwei Sätze entschied ich mit präzisen Toren gegen den Linkshänder. Ab dem dritten Satz wollte jedoch meine Unterarm-Muskulatur nicht mehr so richtig mitspielen. Deutlich geschwächt konnte ich den Druck nicht mehr aufrecht erhalten und musste die letzten drei Sätze an Ari abgeben.

Nur wenig erholt spielte ich gegen den späteren Turniersieger Krystian Kisiel aus Polen. Hier zeigte sich, was Showdown-Meisterschaft bedeutet. Der Weltranglisten-Zweite spielte dermaßen smart und beherrscht, dass es eine Freude war - allerdings nicht für mich. Bei 3:0 konnte ich allein schon stolz auf die knapp mit 12:10 verlorenen Sätze zwei und drei sein.

Im letzten Match des Tages durfte ich gegen den Weltmeister Adrian Sloninka, ebenfalls Polen, antreten. Ich war völlig erschöpft und wenig optimistisch. Eigentlich wollte ich es einfach nur hinter mich bringen.
Im Spiel jedoch lief alles perfekt: Über beide Seiten konnte ich saubere Tore bei ihm versenken. Gegen seine gefährlichsten Torschüsse jedoch hatte ich recht schnell die Verteidigung sicher stehen. Nie hätte ich damit gerechnet, aber ich konnte dieses scheinbar unmögliche Spiel mit 11:9, 11:7 und 11:6 für mich entscheiden. Ein finnischer Trainer, der alles auf Video aufgenommen hatte, sagte mir später: "Du spielst ja richtig gut, wenn Du völlig erschöpft bist!"

Am Abend stellte sich für mich die Frage, ob ich diesen Schwung für den nächsten Tag mitnehmen könnte oder ob die mentale und vor allem körperliche Belastung überwiegen würde. Ich hatte gemäß dem Spielmodus zwar meine stärksten Gegner hinter mir, musste allerdings gegen die vermeintlich leichteren Spieler mit einem harten Spieltag in den Knochen antreten.

Doch die Sorgen stellten sich als unbegründet heraus. Gegen Deniss Ovsjannikovs (Lettland), Aliser Hozanijazov (Estland) und Pierre Bertrand (Frankreich) konnte ich jeweils relativ ungefährdete Dreisatzsiege einfahren.

Der Weißrusse Siarhei Shkibel war für mich dann nochmal unheimlich.
Gegen ihn hatte ich noch nie gespielt und ihn auch kaum je gesehen. Ich wusste nur, dass er bereits ein großes internationales Turnier in Pisa gewonnen hatte. Glücklicherweise konnte ich einen Finnen zwischen zwei Spielen abfangen und von ihm einige wertvolle Tipps einholen. Damit bewaffnet konnte ich das Spiel mit glücklichen 3:1 über die Bühne bringen.

Da der Finne Teemu Ruohonen wegen einer Lungenentzündung ausfiel, war das das letzte Spiel für mich. Damit war die Überraschung komplett. Mit 8:3 Siegen landete ich völlig begeistert auf Platz drei hinter Krystian und Ari. Mit diesem Ergebnis hätte ich niemals gerechnet, die Feierstimmung war daher doppelt groß.

Wer jedoch auch gefeiert werden musste, war mein Coach Birgit Vogt. Bei einem so engen Spielerfeld, wo jeder jeden schlagen kann, steht und fällt ein Spiel oft mit dem Coaching. Sind die Bälle präzise oder müssen sie noch einen Hauch länger oder kürzer? Steht der Gegner direkt vor dem Tor oder verschiebt er seine Verteidigung nach links oder rechts? Lässt der Gegner sich austricksen oder hat er eine deutliche Schwachstelle?
Das alles sind spielentscheidende Hinweise, die man oft selber nicht herausfinden kann. Dabei war Birgit ein nie versiegender Quell an Infos, Tipps, Vorschlägen und Anfeuerungen. Danke.

Und wie lief es bei den Damen?

Antje Samoray musste als Nachrückerin zunächst gegen die ersten drei der Weltrangliste antreten. Nachdem sie gegen die Finnin Jaana Pesari noch glatt in drei Sätzen verlor, zeigte sie der Polin Elzbieta Mielczarek, dass sie auch nach der längeren Pause ernst zu nehmen ist. In einem Spiel auf Augenhöhe wechselten sich die Spielerinnen beim Gewinn der Sätze ab, sodass erst im fünften Satz die Entscheidung fiel. Auch in diesem Satz lag Samoray bereits in Führung, Mielczarek konnte aber den Rückstand aufholen und gewann mit 11:8 den Satz und das Spiel.

Auch Hanna Vilmi, der Vorjahressiegerin nahm Samoray einen Satz ab, zu einem Sieg wie in Pisa reichte es jedoch nicht.

Deutlich siegte Antje jedoch an diesem Tag dann gegen die Italienerin Piera Folino und die Polin Monika Szwalek in drei Sätzen.

Auch der nächste Tag begann für sie erstmal wieder mit einer Niederlage gegen die Französin Elvina Vidot in drei Sätzen. Da sie aber die weiteren fünf Spiele gegen die deutschen Spielerinnen, die Dänin Anja Svendsen und die Weißrussin Aksana Ivanova gewann, erreichte sie mit sieben gewonnenen Spielen einen sehr großartigen fünften Platz.

Auch Sabrina Schmitz trat zuerst gegen die drei besten Damen an. Der Polin Mielczarek und der Finnin Vilmi konnte sie dabei einen Satz abnehmen, Pesari musste sie sich in drei Sätzen geschlagen geben.

Gegen die Polin Szwalek entbrannte wieder ein Marathon-Spiel mit Überlänge. Knapp 1,5 Stunden kämpften die beiden um jeden Punkt. Nachdem Schmitz den ersten Satz mit 8:11 verlor, holte sie sich den zweiten und dritten Satz mit 12:9. Im vierten Satz glich Szwalek mit 15:13 aus. Diese Dauerbelastung lohnte sich jedoch in diesem Jahr für Schmitz, die den fünften Satz mit 11:9 und damit ihr erstes Spiel in diesem Turnier gewann.

Nach dieser Anstrengung verlor sie das letzte Spiel an diesem Tag gegen Vidot jedoch in drei zum Teil knappen Sätzen.

Am nächsten Tag startete sie mit einem weiteren Sieg gegen Folino in den Tag, verlor aber dann gegen die Weißrussin Ivanova. Mit zwei weiteren Siegen gegen Steffan und Riester und Niederlagen gegen Samoray und Svendsen, erreichte sie mit vier Siegen den 8. Platz in diesem Turnier.

Für Steffan begann das Turnier erfreulich mit einem glatten Dreisatz-Sieg gegen die Polin Szwalek. Auch gegen Vidot konnte sie bei diesem Turnier viel besser mithalten als bei den letzten Turnieren, sodass sich die drei Sätze enger gestalteten, das Spiel aber an Vidot ging. Auch gegen Folino sah Steffan nicht schlecht aus und verlor die ersten beiden Sätze nur knapp mit 8:11. Einen Satz konnte sie der Italienerin aber nicht abnehmen. Als nächstes trat Steffan gegen Mielszarek an die Platte und konnte dieser diesmal einen Satz abnehmen, gegen Vilmi und Pesari sah sie jedoch chancenlos aus. Gegen Samoray konnte sie dann wieder den ersten Satz gewinnen und verlor auch den zweiten Satz nur knapp mit 10:12, Im dritten und vierten Satz ließen dann aber langsam die Kräfte nach, sodass Steffan auch dieses Spiel verlor. Auch gegen Schmitz gelang es ihr nicht einen Satz zu gewinnen, obwohl die letzten beiden Sätze jeweils knapp mit 11:9 entschieden wurden.

Bei Steffan blieb auch bei den weiteren Spielen der Wurm drin. Sätze gegen Ivanova und Svendsen waren knapp, gewinnen konnte sie aber nur einen gegen die Dänin. Mit letzter Kraft trat sie zum Abschluss gegen ihre Vereinskameradin Riester an die Platte und verlor auch hier in drei Sätzen.

Riester zeigte sich in diesem Jahr nicht in bester Form. Zunächst startete sie gegen Folino und Szwalek mit zwei glatten Dreisatz-Niederlagen in das Turnier. In den folgenden Spielen konnte sie zwar Vidot, Mielczarek und Pesari jeweils einen Satz abnehmen, kassierte aber drei weitere Niederlagen. Gegen Vilmi war sie völlig chancenlos und auch gegen Samoray und Schmitz hatte sie ihre Abwehr nicht im Griff und konnte auch nach vorn nicht viel erreichen. Gegen Svendsen und Ivanova gelang ihr dann zwar nochmal ein Satzgewinn, zu einem Sieg reichte es aber weiterhin nicht.

Für das letzte Spiel gegen Steffan nahm sie nochmal alle Kräfte zusammen und konnte mit ihrem einzigen Sieg wegen des direkten Vergleichs gerade noch den 11. Platz erreichen.

Für Rosenfeldt, Samoray, Steffan und Riester war damit ein Turniermarathon im Oktober zu Ende, der mit der WM-Teilnahme auf Sardinien und der A-Division in Kassel und der ETT viel Fitness und Konzentration erforderte.

Hier noch das jeweilige Podium und die Ergebnisse der Deutschen im Überblick:

01. Krystian Kisiel
02. Ari Lahtinen
03. Thade Rosenfeldt

01. Jaana Pesari
02. Elzbieta Mielczarek
03. Hanna Vilmi
...
05. Antje Samoray
08. Sabrina Schmitz
11. Birgit Riester
12. Bettina Steffan